Der Ticket-Wahnsinn in den Stadien der Bundesliga treibt immer seltsamere Blüten. Der Topzuschlag gilt bei findigen Geschäftsleuten in den Finanzabteilungen beinahe schon als alter Hut. Bayer Leverkusen gilt in der Branche als neuer Trendsetter. Mit 67 Euro kostet das teuerste Sitzplatzticket für S04-Anhänger in der BayArena im Gästeblock fast dreimal so viel, wie bei einem Spiel in der billigsten Kategorie, zum Beispiel gegen Augsburg.
„Jeder weiß, dass Bayer ein Fanproblem hat“
Vorreiter, die Kartenpreise der jeweiligen Nachfrage anzupassen, ist seit Jahren der Hamburger SV. Ohne Skrupel hat der feine Club von der Alster den Anhängern von Borussia Dortmund vor einigen Wochen nicht nur die Punkte, sondern auch noch 40 Euro für den billigsten Sitzplatz aus der Tasche gezogen. Das teuerste Billet kostete für die Partie des deutschen Meisters gar unverschämte 94 Euro – ohne Vorverkaufsgebühren versteht sich.
Fans des FC Augsburg dagegen werden sich auch das Spiel ihrer Mannschaft beim HSV für die Hälfte anschauen können.
„Es ist immer das Gleiche“, winkt Frank Arndt verärgert ab. „Diese Aufschläge sind für unsere Anhänger kaum noch hinnehmbar.“ Kategorisierte Kartenpreisgestaltung lautet das neue Zauberwort. Die Nachfrage bestimmt den Obolus. „Wir nehmen ja auch einen Zuschlag gegen die Bayern und den BVB auf die Sitzplätze. Aber der ist im Rahmen. Wenn einige Vereine jetzt Differenzen in ihren Preisen von annähernd 300 Prozent haben, dann ist das einfach nicht mehr in Ordnung“, schüttelt Arndt den Kopf.
Zusammen mit den Fans des BVB und denen der Bayern seien die Königsblauen fast überall die Deppen und würden mehr als andere Anhänger zur Kasse gebeten, klagt der Vorsitzende des Schalker Fan-Club Verbandes an. „Jeder weiß, dass Bayer Leverkusen ein Fan-Problem hat. Gegen Rapid Wien in der Europa League kommen keine 20.000 Zuschauer. Aber das ist keine Legitimation, die Kartenpreise gegen Gegner wie Schalke oder auch bei den Lokalduellen gegen Mönchengladbach oder Düsseldorf derartig anzuziehen.“
Durch die Proteste der Fan-Initiative “Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein”, haben die Vereine die Stehplatzpreise inzwischen unter die magische Grenze von 20 Euro gedrückt. Das Zugeständnis an die Abteilung Stadion-Folklore scheinen die Verantwortlichen aber eher als sportlichen Ansporn für immer neue Denkmodelle verstanden zu haben, wie man den Fans anderweitig das Geld aus der Tasche ziehen kann.
Von Szenarien wie im Mutterland des Fußballs, wo der Stadionbesuch für den normalen Durchschnittsfan fast nicht mehr bezahlbar ist, scheint die Bundesliga nicht mehr weit entfernt. „Wenn hier nicht bald mal die DFL einschreitet und dem Einhalt gebietet, dann haben wir bald tatsächlich englische Verhältnisse“, nickt Arndt. Der Schalker Fanbeauftragte fordert deshalb einen möglichst einheitlichen Durchschnittspreis je Ticket für alle Gästefans.